Cosimo, der Visuelle Kommunikation an der HGK Basel studiert hat und zurzeit als Grafiker arbeitet, geboren 1992 in Bern, lebt nun in Basel. Der Künstler arbeitet medienübergreifend und experimentiert mit unterschiedlichen Techniken wie Malerei, Animation, Sound, Augmented Reality und Print. Auch grafische und typografische Elemente sind vermehrt in seinen Arbeiten anzutreffen. Den Fokus nicht nur auf ein bestimmtes Medium zu setzen gibt ihm die Freiheit, nach verschiedenen Wegen und Formen zu suchen, um die Geschichten seiner fiktiven Welt zu erzählen.

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Out & About: Bezeichnest du dich selbst als Künstler?

Cosimo Wunderlin: Ja, jedoch erst seit ca. 2-3 Jahren. Dies aus dem Grund, weil ich erst seit diesem Zeitraum meine Arbeit als Kunst ansehe. Davor habe ich mich, als gelernter Grafiker, vermehrt auf die Grafik konzentriert und der Malerei viel weniger Zeit gewidmet als heute.

«Meine grössten Inspirationsquellen sind Filme, Comics sowie Games.»

Was inspiriert dich?

Meine grössten Inspirationsquellen sind Filme, Comics sowie Games. All diese Medien erzählen mit Hilfe von bewegten oder statischen Bildern eine Geschichte. Dabei faszinieren mich nicht nur die Handlungen und deren Charaktere, sondern ebenso die technischen, strukturellen Eigenschaften wie Komposition, Aufbau / Dramaturgie einer Szene, Farbkonzept / color grading, Musik / Sound effects bei Bewegtbild, Set und Kostümdesign usw.

Des Weiteren inspirieren mich neben Künstler*innen, welche im selben Bereich arbeiten, ebenso Arbeiten aus ganz anderen Kunstrichtungen. Das ist das Schöne an der Inspiration; sie ist vielerorts anzutreffen und sorgt immer wieder für willkommene Überraschungen.

Wie hast du begonnen?

Das hängt ein wenig davon ab, welchen Zeitpunkt man als Anfang definiert. Wie viele andere auch, habe ich bereits in meiner Kindheit sehr viel gezeichnet und nie damit aufgehört. Das kreierte unter anderem sicherlich ein gewisses Fundament für meine künstlerische Entwicklung, ich würde es aber nicht als Anfang bezeichnen. Ich denke, begonnen hat es, als ich mich vom Medium Zeichnung/ Illustration der Malerei zugewandt habe und meine Bilder auf Holzplatten und Leinwände malte.

Ohne Konzept oder Plan, wo das hinführen sollte. Der Fokus lag darin, meine technischen Fähigkeiten zu verbessern und möglichst viele Arbeiten zu kreieren. Alles andere entwickelte sich dann während dieses Prozesses schrittweise über die letzten Jahre hinweg.

Falls du die Chance hättest, Kunst zu studieren, würdest du es machen?

Zum jetzigen Zeitpunkt nicht, da ich meinen eigenen Weg gefunden habe und diesen weiter verfolgen werde. Wenn ich aber einige Jahre zurückreisen würde, zum Zeitpunkt als ich mich für ein Studium entscheiden musste, würde ich es aus heutiger Sicht in Betracht ziehen. Wobei die Schule und der Ort des Kunststudiums sehr entscheidend wäre.

Denkst du eine Weiter- oder Ausbildung hätte dich schneller zum jetzigen Stand geführt?

Gute und schwierige Frage. Ich bin sehr zufrieden mit dem jetzigen Stand und bereue in keinerlei Hinsicht die Arbeit und Zeit, welche ich jahrelang darin investiert habe. Denn auch mein Studium in Visueller Kommunikation trägt viel zu meinen heutigen Werken bei.

Auf der anderen Seite bin ich überzeugt, dass mir ein Kunststudium unbekannte Bereiche aufgezeigt und vielleicht andere Türen geöffnet hätte. Dies in Hinsicht auf meine Arbeit wie auch auf mein Verständnis, meine Wahrnehmung und Umgang mit Kunst.

Hast du eine Grundaussage bei deinen Werken?

Meine früheren Arbeiten hatten stets das Ziel, eine gesellschaftskritische Botschaft zu vermitteln. Dem untergeordnet, wählte ich den Inhalt und die Bildmotive. Davon bin ich aber schnell wieder abgekommen, weil es meine kreative Freiheit einengte. Mein aktuelles Kunstprojekt «Mythen der Nachwelt» erzählt die Geschichte einer fiktiven, dystopischen Welt. Die Werke können dabei unterschiedliche Aussagen haben, sind jedoch inhaltlich alle miteinander verbunden und erzählen einen Teil derselben Geschichte.

Verdienst du durch deine Kunst Geld?

Ja, aber sehr unregelmässig.

Hast du noch zusätzliche Einkommensquellen?

Ja, ich arbeite neben meiner künstlerischen Tätigkeit als Grafiker und ermögliche mir so ein regelmässiges Einkommen.

«Natürlich gehört die kritische Reflexion der eigenen Arbeit dazu, jedoch sollte sie kein Hindernis für den kreativen Prozess sein.»

Hast du schon mal deine Werke ausgestellt?

Ich hatte in den letzten Jahren immer wieder die Gelegenheit meine Werke auszustellen. Die erste Gruppenausstellung war die «Jugendart Olten» (heute JKON) im Jahr 2011.

Danach folgten weitere Gruppenausstellungen, hauptsächlich in Solothurn und Basel. Ein Highlight meiner bisherigen künstlerischen Laufbahn war eine Gruppenausstellung der Galerie Benjamin Eck in München, an welcher ich im Jahr 2020 teilnehmen konnte. Meine erste Einzelausstellung fand letzten Herbst, September 2021, in einer Galerie im Kanton Zug statt.

Hast du einen Tipp für angehende junge Künstler*innen?

Produzieren, produzieren! Die Arbeit dabei nicht ständig hinterfragen, sondern einfach mal machen. Natürlich gehört die kritische Reflexion der eigenen Arbeit dazu, jedoch sollte sie kein Hindernis für den kreativen Prozess sein. Man sollte sich selbst treu bleiben und sich nicht zu stark von äusseren Einflüssen verunsichern lassen, damit die eigenen Interessen und Leidenschaft genügend Platz in den Arbeiten erhalten. Tipps, welche ich mir stets selber ins Bewusstsein rufen muss.

Lieber Cosimo, vielen Dank für Deine inspirierende Antworten! Wir wünschen Dir von Herzen alles Gute auf Deinem weiteren Weg als Künstler.

Interview von Ina Bandixen

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In der Interviewserie «Künstler*innen ohne Kunststudium» haben wir Interviews mit Kunstschaffenden geführt, die keine formale Ausbildung in der Freien Kunst haben und unterschiedliche Hintergründe in sich vereinen. Es ist uns wichtig aufzuzeigen, dass das oftmals noch elitäre Denken in konservativen Kunstinstitutionen für viele Personen eine Barrikade darstellt, etwa dann, wenn diskriminierende Strukturen, rassistische und sexistische Haltungen oder auch finanzielle Schranken den Eintritt ins Studium erschweren. Auf der anderen Seite geht es auch um das Verständnis, dass Lebensläufe nicht immer einer linearen und klaren Linie folgen und dass Umwege und fachfremde Hintergründe einen grossen Mehrwert darstellen können. In der Serie beantworten sieben Kunstschaffende dieselben zehn Fragen zu ihrer eigenen Vita und wie sie dort gelandet sind, wo sie jetzt sind. Sie erzählen von ganz individuellen und eigensinnigen Wegen zur Kunst, die zeigen, wie vielfältig der Weg ins professionelle Schaffen sein kann.